Interview: Gleich­zeitige beidseitige Knieprothesenimplantation

Interview mit den beiden Ortho­päden Dr. med. Ingo Müller und Dimitar Popov aus dem Zentrum für Ortho­pädie und Ortho­pä­dische Chirurgie am St. Elisabeth-Krankenhaus Volkmarsen zum Thema:

„Gleich­zeitige beidseitige Kniepro­the­sen­im­plan­tation“. Ein komplexer Eingriff, der von beiden Fachärzten prakti­ziert wird und der eine besonders hohe Expertise der Opera­teure verlangt, um Patienten bestmöglich zu behandeln. Dieses Verfahren wird von den beiden Ortho­päden prakti­ziert. Wir berich­teten in unserem Beitrag:


Kniepro­the­sen­im­plan­tation: kurz Knie-TEP 

Was ist eine Knie-TEP?

Eine Knie-TEP oder Kniepro­these ist der Ersatz des Kniege­lenkes durch ein künst­liches Implantat, das die zerstörten Oberflächen des Kniege­lenkes ersetzt.

Ursachen für eine Knie-TEP

Eine Kniepro­these wird bei einer schweren Zerstörung des Kniege­lenkes, starken Schmerzen und einer erheb­lichen Beein­träch­tigung der Gehstrecke eingesetzt.

Welche Arten von Knie-TEPs gibt es?

Im St. Elisabeth-Krankenhaus Volkmarsen werden meistens sogenannte moderne Oberflä­chen­pro­thesen einge­setzt. Hierbei werden nur die zerstörten Gelen­kober­flächen ersetzt. Die Kniebänder, Gelenk­kapsel und Muskeln bleiben erhalten. In bestimmten Fällen ist aber auch der Ersatz nur einzelner Knieab­schnitte durch sogenannte Schlit­ten­pro­thesen oder Ersatz des vorderen Knieab­schnitts möglich. Bei Kniepro­the­sen­wechseln kommen bei uns sogenannte modulare Prothesen zum Einsatz. Hier wird die Prothese in einem Baukas­ten­system indivi­duell dem Schaden angepasst. Die älteren Schar­nier­pro­thesen werden heute nur noch sehr selten bei uns benötigt.

Wie lange hält eine Knie-Prothese?

Wir gehen davon aus, dass die meisten Prothesen nach 20 Jahren noch einwandfrei funktionieren.

Wie viel Grad kann das Knie gebeugt werden?

Deutsch­landweit gilt eine Kniebeugung von 90 Grad als ein gutes Ergebnis. Mit unserer Prothese, OP-Technik und Nachbe­handlung fordern und erreichen wir standard­mäßig 110 Grad. Das ist wichtig, um eine Treppe problemlos herab­gehen zu können, wieder Fahrrad zu fahren und von einem niedrigen Sofa aufzu­stehen. Viele unserer Patienten erreichen nach einem Jahr 130 Grad.


Gleich­zeitige beidseitige Knie-TEP 

Für wen eignet sich eine gleich­zeitige beidseitige Knie-TEP?

Eine gleich­zeitige beidseitige Kniepro­the­sen­im­plan­tation ist ein deutlich schwer­wie­gen­derer Eingriff als zwei Kniepro­the­sen­im­plan­ta­tionen in mehrmo­na­tigem Abstand. Schließlich hat man erst einmal kein Bein mehr, auf das man sich problemlos stützen kann. Sind aber beide Kniege­lenke stark zerstört und es steht überhaupt kein Bein mehr zur Verfügung, welches den Menschen sicher tragen kann, dann ist der gleich­zeitige beidseitige Gelenk­ersatz durch einen sehr erfah­renen Operateur eine sinnvolle Möglichkeit, um aus dieser Notsi­tuation heraus­zu­kommen. Bei einer fortge­schrit­tenen Arthrose kommt neben einer Verbiegung des Beines eine schmerz­be­dingte Beuge­stellung hinzu. Dadurch werden die Beine deutlich kürzer. Operiert man dann nur eine Seite, kann das noch nicht operierte Bein den Heilungs­verlauf des „neuen Knies“ stark negativ beeinflussen.

Was sind die Vorteile der gleich­zei­tigen beidsei­tigen OP?

Man erhält direkt zwei korri­gierte Beine. Der Heilungs­verlauf reduziert sich um viele Monate. Negative Einflüsse durch das zweite ebenfalls stark geschä­digte Knie auf den Heilungs­verlauf werden verhindert.

Welche Kompli­ka­tionen können auftreten?

Die gleichen Kompli­ka­tionen wie bei der einsei­tigen Operation. Insgesamt sind Kompli­ka­tionen bei erfah­renen, gut ausge­bil­deten Opera­teuren sehr selten und gut beherrschbar. Anderer­seits ist der Eingriff nicht einfach. Es werden Infek­tionen, Wundhei­lungs­stö­rungen, Bewegungs­ein­schrän­kungen, Throm­bosen und vieles andere beschrieben. Es ist daher eine seriöse Beratung über den richtigen Zeitpunkt und ein guter, ehrlicher Operateur essentiell.

Wie lange dauern OP und Klinikaufenthalt?

Die Operation beider Kniege­lenke dauert etwa drei Stunden. Der Klinik­auf­enthalt acht bis zehn Tage.

Wie lange hat der Patient Schmerzen nach der OP?

Starke Schmerzen werden im St. Elisabeth-Krankenhaus Volkmarsen durch eine gute auf mehreren Methoden basie­rende Schmerz­the­rapie vermieden. Erfah­rungs­gemäß müssen etwa vier Wochen Schmerz­mittel in abstei­gender Menge einge­nommen werden.

Wie lange dauert die Rehabilitation?

Die gesamte Rehabi­li­tation dauert etwa drei Monate. 

Wann kann der Patient wieder arbeiten gehen? 

Das hängt natürlich von der Tätigkeit ab. Ein Dachdecker wird länger noch nicht arbeiten können als ein Patient mit einer abwech­selnd stehend sitzenden Tätigkeit. Insgesamt wird die Arbeits­fä­higkeit nach drei bis vier Monaten wieder erreicht.

Wann kann der Patient wieder normal gehen?

Wir legen sehr viel Wert darauf, dass unsere Patienten schnell wieder normal gehen können. Das schwankt zwischen acht Tagen und sechs Wochen.

Welche Sport­arten kann der Patient mit zwei Knie-Prothesen ausüben?

Theore­tisch sind sehr viele Sport­arten wieder möglich. Völlig unpro­ble­ma­tisch sind z. B. Wandern, Radfahren, Schwimmen, Golfspielen und Tanzen. Andere Sport­arten wie Alpin­skilauf sind von den Vorer­fah­rungen abhängig. In diesen Fällen können wir als Sport­me­di­ziner postope­rativ eine Sport­be­ratung vornehmen.

Was sollte man mit einer beidsei­tigen Knie-TEP vermeiden?

Tätig­keiten mit ständigem schweren Heben und häufigem Knien sind ungünstig.


Hinter­grund zur Klinik/Praxis

Ambulante und stationäre Patien­ten­ver­sorgung in der Fachab­teilung für Ortho­pädie und Ortho­pä­dische Chirurgie am St. Elisabeth-Krankenhaus Volkmarsen unter Leitung von Dr. med. Ingo Müller.

Seit April 2021 werden Gelen­k­ope­ra­tionen in großer Zahl im St. Elisabeth-Krankenhaus Volkmarsen vorge­nommen. Zuerst als beleg­ärzt­liche Tätigkeit in der BAG Dr. Dingel und Partner, seit Oktober 2024 besteht die Klinik für Ortho­pä­dische Chirurgie als eigen­ständige Haupt­ab­teilung des Marien­kran­ken­hauses Kassel in Volkmarsen.

Mit sehr erfah­renem Pflege-, OP- und Röntgen­per­sonal sowie zwei Fachärzten für Ortho­pädie und Unfall­chir­urgie werden etwa 4.000 Patienten im Jahr behandelt. Schwer­punkt ist die Ortho­pä­dische Chirurgie, d. h. die Auswahl, Beratung und Nachbe­handlung von ortho­pä­di­schen Opera­tionen der Extremitäten.

Seit dem 1. April 2025 ist die Praxis in Volkmarsen Teil des Medizi­ni­schen Versor­gungs­zentrum des Marien­kran­ken­hauses Kassel.

Zum Team gehört Dimitar Popov, Facharzt für Ortho­pädie und Unfall­chir­urgie, Manuelle Medizin. Der 40-jährige deutsche Arzt stammt aus Bulgarien und arbeitet seit 2012 mit Dr. med. Ingo Müller zusammen. Neben der opera­tiven Versorgung hat er sich auf die manuelle Medizin und die Stoßwel­len­be­handlung ortho­pä­di­scher Erkran­kungen spezialisiert.

Beide Ärzte wohnen in Warburg.


Zur Person

Dr. Ingo Müller
Dr. Ingo Müller

Dr. med. Ingo Müller
Facharzt für Orthopädie/Rheumatologie und Unfallchirurgie
Spezielle ortho­pä­dische Chirurgie, Spezielle Schmerztherapie
Chiro­the­rapie, Physi­ka­lische Therapie, Sportmedizin

Beruf­liche Stationen:

  • Dr. med. Ingo Müller leitet das Zentrum für Ortho­pädie im St. Elisabeth-Krankenhaus Volkmarsen. Zu seiner Verant­wortung gehört sowohl die Leitung der Klinik für Ortho­pä­dische Chirurgie als auch die ambulante fachärzt­liche Versorgung in der Zweig­stelle für Ortho­pädie des Medizi­ni­schen Versor­gungs­zen­trums des Marien­kran­ken­hauses Kassel in Volkmarsen.
  • Seit April 2021 war Dr. Müller Teil der chirur­gi­schen Gemein­schafts­praxis Dr. med. Andreas Dingel und Partner im St. Elisabeth-Krankenhaus Volkmarsen.
  • Zuvor war der 60-Jährige zehn Jahre Chefarzt der Ortho­pädie und Unfall­chir­urgie am Helios Klinikum in Warburg. Davor war er an den Univer­si­täts­kli­niken in Bonn und Kiel sowie als leitender Oberarzt in der Klinik für Rheumaor­tho­pädie in Attendorn im Sauerland tätig.

Expertise: Mit der seltenen Zusatz­be­zeichnung „Spezielle Ortho­pä­dische Chirurgie“, mit Kniepro­the­sen­ope­ra­tionen im vierstel­ligen Bereich sowie 60 wissen­schaft­lichen Veröf­fent­li­chungen, auch mehrmals zum Thema des künst­lichen Kniege­lenk­er­satzes, verfügt Dr. Müller über eine ausge­wiesene theore­tische und praktische Expertise in diesem Bereich der Orthopädie.